von Kunstmuseum-Hamburg.de
Das große Stillleben mit dem toten Hasen
Jan Weenix, der Sohn des Jan Baptist Weenix aus Utrecht, lebte in Amsterdam und malte zuerst Figurenlandschaften in der Art seines Vaters. Aber seine eigentümlichste Leistung, die ihm großen Ruhm bei seinen Zeitgenossen eintrug, ist ein stattliches Jagdstillleben mit einzelnen lebenden Tieren, Vögeln, Hunden oder einem Affen, den er sich gehalten zu haben scheint, mit Geräten, Früchten und Blumen. Der Hauptgegenstand ist ein an einem Hinterlauf aufgehängter Hase oder ein Wildschwein, ein Schwan oder eine Gans. Diese Gegenstände sind gewöhnlich im Freien aufgebaut, unter Bäumen, an Statuen, Springbrunnen oder Barockpostamenten mst Marmorvasen; eine im rötlichen Abendlicht verschwimmende Gartenlandschaft oder ein Schloßpark bilden den Hintergrund. Die Ausführung der Einzelheiten, z. B. des Gefieders, ist sorgfältig, die des weichen, flaumigen Fells am Bauche des Hasen namentlich auf den kleinen Bildern so fein, daß man die Haare zählen zu können meint. Seinem Grundcharakter nach ist er eben ein Feinmaler, wie die holländischen Stilllebenmaler überhaupt. Dabei ist aber doch die Wirkung namentlich seiner größeren Bilder Zugleich auf die Ferne berechnet, breit und dekorativ. Diese waren dazu bestimmt, in die Wände großer Säle eingelassen zu werden, z. B. der Speisezimmer in Amsterdamer Patrizierhäusern. Erstaunlich als Ganzes sind die Arbeiten, die er, über sechzig Jahre alt, in Düsseldorf im Aufträge des Kurfürsten Johann Wilhelm für dessen Schloß Bensberg ausführte, Stillleben und Jagdstücke von vielen Quadratmetern, jetzt meistens in der Münchener Pinakothek. Die Anordnung zeugt immer von dem feinsten Geschmack. In der manchmal sehr nachlässigen Ausführung der großen Bilder zeigt sich der Maler der Verfallzeit. Sie genügen auch am wenigsten im Kolorit, der Fon wird stumpf und rauchig. Die kleineren dagegen sind lokalfarbiger, haben gutes Helldunkel und sind mehr im Charakter der echten, alten holländischen Kabinettsmalerei gehalten. Diese Eigenschaften hat unser Dresdener Stillleben mit der Jahreszahl 1690. Es wurde zugleich mit einem Gegenstücke 1743 von dem ausgezeichneten Kunstkenner Algarotti in einem venezianischen Palast gefunden und gekauft.
Aus dem Buch “Album der Dresdner Galerie” von 1904.